Hintergrund: Mitarbeiter im Gesundheitswesen führen im Durchschnitt in der Hälfte aller indizierten Situationen eine Händedesinfektion durch. Schweizer Wissenschaftler des Genfer Universitätshospitals sehen einen Hauptgrund für diese Non-Compliance in Mängeln bei der Vermittlung der Händehygiene-Indikationen und deren logischer Einbindung in die täglichen medizinischen und pflegerischen Arbeitsabläufe. Gemeinsam mit amerikanischen Kollegen entwickelten die Wissenschaftler die „5 Momente für Händehygiene“, ein anwenderorientiertes Konzept, das ein Kernelement der weltweiten Kampagne der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zur Verbesserung der Compliance in der Händehygiene für mehr Patientensicherheit darstellt.
Methoden: Für die Entwicklung ihres anwenderzentrierten Ansatzes kombinierten die Forscher die Ergebnisse evidenz-basierter Risikoanalysen zur Entstehung nosokomialer Infektionen und der Verbreitung multiresistenter Mikroorganismen mit Forschungsergebnissen aus Arbeitswissenschaft, Ergonomie, Motivationsforschung, sozialem Marketing und Kommunikationswissenschaft. Die Risiken für eine Erregerübertragung spielen sich in diesem Modell in einem Zwei-Zonen-System ab, das aus der unmittelbaren Patientenumgebung und der Pflegeumgebung besteht, die sich außerhalb der unmittelbaren Patientenumgebung befindet. Es wurden 5 Gelegenheiten standardisiert und als „5 Momente der Händedesinfektion“ definiert, die die wesentlichen Indikationen für eine Händedesinfektion in fünf Indikationsgruppen zusammenfassen:
Fazit: Das „5 Momente-Modell“ zeigt in einem Zeit-Raum-Bezugssystem diejenigen Situationen an, in denen im klinischen Alltag eine Händedesinfektion erforderlich ist und effektiv eine Erregerübertragung unterbrochen werden kann. Die Indikationen sind universell gültig und lassen sich auf unterschiedlichste medizinische und pflegerische Tätigkeiten anwenden. Das Modell schließt den Autoren zufolge die bisherige Lücke zwischen wissenschaftlicher Begründung der Händehygiene und ihrer praktischen Umsetzung im Alltag und stellt eine solide und effektive Basis dar, Händehygiene zu verstehen, richtig durchzuführen, zu lehren, zu beobachten und zu bewerten.
Quelle: Journal of Hospital Infection 2010, 67 (1): 9-21.
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